
Ob die Hauptwache nun wirklich die geographische Mitte Frankfurts ist, kann ich nicht sagen. Als Verkehrsknotenpunkt, Start von Shopping- und Besichtigungstouren oder Treffpunkt für Verabredungen, ist die Hauptwache schon eh und je das Zentrum Frankfurts.

Namensgeber des Platzes ist ein eher kleines, einstöckiges, barockes Bauwerk, errichtet mit dem – für Frankfurt typischen – Mainsandstein der Hauptwache. Das Gebäude, heute ein Café, blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück.
Bereits ab 1671 gab es ein kleines Wachgebäude aus Holz für die Stadtpolizei, das im Jahre 1728 abgerissen werden musste. An seiner Stelle entstand durch den Frankfurter Stadtbaumeister Samhaimer ein neues, größeres Wachlokal mit einem Gefängnis. Während sich im Untergeschoss die Räumlichkeiten für Offiziere und Mannschaften der Frankfurter Stadtwache befanden, waren im Mansardengeschoss ein Verhörraum und das Gefängnis untergebracht. Die Verliese im Untergeschoss waren den gewöhnlichen Gefangenen vorbehalten. Prominentester „Gast“ war von 1769 – bis 1795 der Ratsherr und Jurist Joh. Erasmus von Senckenberg, ein Bruder von Heinrich Christian Reichsfreiherr von Senckenberg nach dem Museum und Stiftung benannt wurden. Weniger privilegiert war Johannes Bückler, bekannt als Schinderhannes, der kurz vor seiner Überstellung zum Prozess nach Mainz 1802 einige Tage im Verlies verbringen musste.
Neben der Hauptwache befand sich bis 1758 ein Soldatengalgen (für Deserteure, eine Konstruktion aus Säulen und Querbalken) sowie verschiedene Einrichtungen zur Bestrafung von Verurteilten, z.B. ein Schandesel, Pranger und Trillerhäuschen (ein Käfig aus Holz in dem der Delinquent saß und von jedem Vorbeikommenden gedreht werden durfte bis dem Eingesperrten übel wurde).
In der Nähe der Hauptwache auf dem Roßmarkt gab es eine Richtstätte. Am 14. Januar 1772 wurde auf dem Schafott dort die Dienstmagd Susanna M. Brandt wegen Kindesmord hingerichtet wurde. Johannes Wolfgang Goethe war zu dieser Zeit (1771 – 72) Rechtsanwalt in Frankfurt. Prozess und Schicksal der Susanna Brandt inspirierten ihn zur Tragödie des Gretchens in seinem „Faust“.
Die in der Hauptwache stationierten Soldaten gehörten zum sogenannten Linienbataillon der regulären Armee der freien Reichsstadt Frankfurt. Als Frankfurt mit der Annexion durch die Preußen 1866 seine Souveränität verlor, war dies auch das Ende der Stadtwehr. Bis 1903 wurde das Gebäude von preußischen Soldaten weiter als Wachlokal genutzt, das Gefängnis war allerdings Jahre zuvor schon geschlossen worden.
Nachdem die Soldaten das Gebäude geräumt hatten wurde es von der Stadt zurückgekauft und der Rat der Stadt beschloss, es nach aufwändiger Renovierung zu verpachten. Auf diese Weise entstand ein großzügiger Innenraum und die beliebte Terrasse. Ab 1905 war die Hauptwache als Café vermietet und wurde schnell zum bekanntesten Treffpunkt in der Stadt.
Die militärische Geschichte des Gebäudes war jedoch leider damit nicht vorbei. 1920 marschierten französische Truppen in die Stadt und besetzten die Hauptwache. Bei einer Demonstration starben 7 Personen und viele wurden verletzt. Nach den Luftangriffen im Jahr 1944 brande das Gebäude komplett aus.
1957 wurde die Hauptwache provisorisch renoviert und als Kaffeehaus wieder eröffnet. Erst im Jahr 1967 wurde es durch den U-Bahn Bau zunächst vollständig abgebaut und im folgenden Jahr wieder aufgebaut.
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Blick vom Steinweg zur Hauptwache, im Hintergrund das neue Palais Quartier
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an der hauptwache
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die Hauptwache
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Café Hauptwache
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der Goldene- od. Hauptwachebrunnen
Der Platz der heute auch als Hauptwache bezeichnet wird hieß ursprünglich einmal „Schillerplatz“ und, da sich auf dem Areal Platz an Platz reiht, beginne ich hier meinen Rundgang.
Auffälligstes Merkmal ist der große Zugang der zur B-Ebene und den unterirdische gelegenen Bahnhöfen der S- und U-Bahn führt. Die auch gerne von den Frankfurtern als „Loch“ bezeichnete Öffnung nach unten ist seit Eröffnung des Platzes und der U-Bahn ein Streitpunkt zwischen Stadt, Wirtschaft und Frankfurter Bürgern. Ein städtebaulicher Wettbewerb soll nun Ideen für eine Umgestaltung liefern. Die Ausschreibung ist für 2018 geplant.
Das dominanteste Gebäude des Platzes ist in meinen Augen die Katharinenkirche. 1681 erbaut, ist sie die evangelische Hauptkirche Frankfurts und wie man schon befürchten kann, hat sie zum Ende des 2. Weltkrieges das gleiche Schicksal wie die Nachbargebäude ereilt und ist zerbombt worden. Bis 1953 wurde sie jedoch im Originalstil wieder aufgebaut, wobei der Innenraum der Gestaltung der 50er Jahre entspricht.

die Katharinenkirche
Städtebaulich interessant und auch sehr präsent ist das Gebäude des „Kaufhof“ mit seiner weißen Fassade (eine für das Unternehmen typische Farbe), die mit der Renovierung vor einigen Jahren eine „runde“ Ecke erhielt. Diese wurde durch eine Glasfront durchbrochen, sodass das Gebäude zur Straßenseite hin geöffnet wurde. Im 5. Stock gibt es übrigens ein Café, von dessen Terrasse man einen prächtigen Blick über Hauptwache und Roßmarkt hat.
Über die Biebergasse erreiche ich den Rathenauplatz. Benannt nach Reichsaußenminister Walther Rathenau, der am 24. Juni 1922 von zwei jungen Offizieren, die der rechtsradikalen „Organisation Consul“ (OC) angehörten, erschossen wurde. Der Platz ist ganz unspektakulär bebaut mit Häusern aus der Gründerzeit einerseits und modernen Geschäftshäusern andererseits. Ab der Einmündung Steinweg heißt der Platz dann Goetheplatz nach dem gleichnamigen Denkmal, das dort 1844 aufgestellt wurde. Er ist etwas ansprechender gestaltet und lädt durchaus zu einer kleinen Pause ein.
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Roßmarkt, Goetheplatz und Rathenauplatz von der Kaiserstraße
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das Goethe – Denkmal
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Joh. Gutenberg blickt auf die Deutsche Bank
Weiter südlich schließt sich der Roßmarkt an. Auffällig ist das Johannes-Gutenberg-Denkmal auf dem südlichen Teil des Platzes. Ursprünglich trugen alle Plätze um die Hauptwache den Namen Roßmarkt, denn im frühen Mittelalter lag das Areal vor den Stadttoren und es fand hier regelmäßig auch der Pferdemarkt statt, von dem der Name stammt. Es ist schwierig sich das Leben und die Bebauung früherer Zeiten vorzustellen, viele der dominanten Gebäude wurden im Krieg zerstört und wurden nicht mehr aufgebaut. Heute ist daraus eine moderne, weitläufige Fußgängerzone geworden – leider ein bisschen unpersönlich.

der Eingang zum ehemaligen Technoclub
Auf dem Weg zurück zur Hauptwache fällt ein äußerst hässliches Etwas aus Stahl und Beton auf. Hier verlief bis in die 90er Jahren eine Fußgängerunterführung, die allerdings von den Frankfurtern nie angenommen wurde und so wurde der Tunnel kurzerhand zu einem Technoclub (U60311) umgebaut, der sogar einen Architekturpreis erhielt. Aber auch der Club ist heute geschlossen und bei dem oberirdisch gelegenen Gebilde handelt es sich um die ehemaligen Eingänge sowie Lüftungsanlagen.

Luminale in Frankfurt – Blick vom Gutenberg Denkmal ins Bankenviertel
Dann verschwinde ich im „Loch“ um mich in der B-Ebene einigen nostalgischen Betrachtungen hinzugeben. Wo heute der RMV mit seiner Kundenfiliale residiert gab es früher ein Reisebüro in dem ich als Lehrling (damals noch Lehrling nicht Azubi) einige Monate meiner Ausbildung verbrachte. Es war schon gewöhnungsbedürftig, statt der großzügigen Schaufenster mit Blick auf die Eschersheimer Landstraße, plötzlich im Untergrund bei künstlichem Licht und in sehr engen Verhältnissen zu sitzen und zu arbeiten. Aber es gab auch einige nette Erlebnisse, z.B. als mein fußballbegeisterter Kollege Peter montags statt einer Fahrkarte mit dem Zielbahnhof Gelsenkirchen eine mit „Schalke“ ausstellte.

das „Loch“
Leider macht die B-Ebene nicht den besten Eindruck und man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen endlich Geld in die Hand nehmen, um Leerstände und Schmuddelecken den Kampf anzusagen. Wie es geht hat, der private Investor Allianz mit seiner Allianzpassage vorgemacht, die sich an die B-Ebene anschließt und bis zur Freßgass reicht.

Ich verlasse die Hauptwache und fahre zur letzten Station meiner Reise quer durch Frankfurt